Feierliche Eröffnung des neugestalteten Museums in der ehemaligen Synagoge Wenkheim

Bei einem Festakt in Wenkheim haben am Sonntag, den 10. April 2016, zahlreiche Gäste aus Kultur und Politik gemeinsam mit den Ehrenamtlichen des Vereins zur Erforschung jüdischer Geschichte und Pflege jüdischer Denkmäler das neue Museum in der ehemaligen Synagoge eingeweiht.  

Ein „erfreuliches Problem“ stellten die Vereinsmitglieder dabei zu Beginn der Feierstunde fest: Die Schlange an Besuchern, die das neue Museum sehen und die Einweihungszeremonie verfolgen wollten, überstieg deutlich die Anzahl an freien Plätzen. Und so füllten sich lange vor dem eigentlichen Beginn der Eröffnung nicht nur die Plätze, sondern auch der rare Platz auf der Empore im Synagogensaal. Schließlich wollten sich die Wenkheimer nicht entgehen lassen, was ihr Verein zur Erforschung jüdischer Geschichte in monatelanger, engagierter Arbeit entwickelt hatte. Gemeinsam mit dem Ersten Landesbeamten im Main-Tauber-Kreis Dr. Ulrich Derpa, der Festrednerin Rabbinerin Dr. Antje Yael Deusel und Bürgermeister Ottmar Dürr stellte der Verein nun das Ergebnis der Öffentlichkeit vor.

Ein großes Dankeschön im Namen der Gemeinde richtete Bürgermeister Ottmar Dürr an die Vereinsmitglieder, denen „es in den vergangenen 30 Jahren in hervorragender Art und Weise gelungen ist, die Gedenkstätte aufzubauen“. Dürr betonte, aufgrund der engagierten Arbeit des Vereins sei in den vergangenen Jahren ein reger kultureller Austausch zustande gekommen, der sogar Kontakte nach Israel und in die USA hervorgebracht habe. Durch den Erhalt der ehemaligen Synagoge arbeiteten die Ehrenamtlichen daran mit, einen Teil der vielfältigen und in der Geschichte der Gemeinde tief verankerten jüdischen Tradition zu bewahren. „Hier wird Erinnerungsarbeit geleistet, aber auch Zukunftsarbeit“, hob der Schultes mit Blick auf das Potenzial der Gedenkstätte für die historisch-politische Bildung hervor.

Die Bamberger Rabbinerin Dr. Antje Yael Deusel indes zielte in ihrer kurzweiligen Festrede auf einen ganz besonderen Aspekt jüdischer Kultur ab und unterhielt die Gäste mit einem beeindruckenden Einblick in ihre persönliche Biographie – als erste Frau nach der Shoa wurde die Ärztin zur Rabbinerin ordiniert und betreute anschließend die liberale israelitische Gemeinde in Bamberg. Die Rabbinerin zeigte sich beeindruckt von der Leistung des Vereins und stellte in ihrer Rede einen konkreten Bezug des ehemaligen Gotteshauses zur jüdischen Lebenswirklichkeit in Deutschland her.

Markus Sellen bot den Besuchern zudem einen spannenden Rückblick auf die konzeptionelle Arbeit des Vereins am Museum. Gemeinsam habe man in einem langen redaktionellen Prozess viele Schautafeln neugestaltet und dabei insbesondere auf die didaktische Aufbereitung der Inhalte geachtet, um die „Erinnerung wachzuhalten“ – Ziel sei es, auch Kinder, Jugendliche und Besucher ohne Vorwissen an die Geschichte der Juden in Wenkheim und der Region Main-Tauber heranzuführen. In einer Dreiteilung beschäftigen sich die Infotafeln mit allgemeiner jüdischer Geschichte, mit Antisemitismus und mit der Geschichte der Wenkheimer Juden. Überdies wurden technische Neuerungen wie ein umfassendes Onlineangebot und Vernetzung durch sogenannte „QR-Codes“ eingebaut. „Wir wollen in Zukunft auch als Arbeits- und Forschungsstätte für jüdisches Leben dienen“, meinte Sellen – schließlich sei damit auch anderen Gruppen die Möglichkeit eröffnet, sich an der Weiterentwicklung des kulturellen Programmes in der Gedenkstätte zu beteiligen.


Die Vereinsvorsitzende Dr. Katharina Bähne erklärte zum Hintergrund der umfangreichen Renovierungen: „Vor etwa zwei Jahren kündigte sich eine Zäsur an – und so machte sich der Verein daran, Inhalt und museale Darbietung neu zu organisieren.“ Insgesamt haben die Mitglieder des Fördervereins weit mehr als 1.000 Stunden an ehrenamtlicher Arbeit investiert und damit einen „Ort, der Begegnung ermöglicht“ geschaffen. Als „Beitrag zur jüdischen Kultur“ solle hier aber auch ein „Austausch auf Augenhöhe stattfinden“, meinte die Vereinsvorsitzende. Beispielhaft seien in diesem Zusammenhang die guten Kontakte zu muslimischen Gemeinden der Region. Ausdrücklich bedankte sich Katharina Bähne bei ihrem Vorgänger im Amt des Vereinsvorsitzenden, Johannes Ghiraldin, dessen großes Engagement in den 1980er Jahren die Arbeit des Fördervereins begründete. Bähne, die als Schülerin einst selbst durch ihren Religionslehrer Johannes Ghiraldin die Geschichte der Wenkheimer Juden und ihrer ehemaligen Synagoge kennengelernt hatte, ernannte im Namen des gesamten Vereins den pensionierten Lehrer zum Ehrenmitglied und Ehrenvorsitzenden – mit anhaltendem Applaus honorierten die Gäste den jahrzehntelangen Einsatz Ghiraldins für die jüdische Kultur und die Erinnerungsarbeit vor Ort.

Bei den mehr als 100 Gästen und Besuchern kamen der Rahmen des Festaktes und die neugestaltete Gedenkstätte sehr gut an. Auch lange nach Ende des offiziellen Programms besuchten viele Interessierte das Museum. Besonders in Zukunft wolle man die ehemalige Synagoge am Wochenende stundenweise öffnen, um viele Menschen anzusprechen, sagte Katharina Bähne – schließlich sei mit der Neugestaltung nun „ein neues Kapitel aufgeschlagen“.

(David Stellmacher)

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