Jahrestagung der LAGG 2013: Weiterbildungsangebot "Verunsichernde Orte"

Jahrestagung 2013 der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Gedenkstätteninitiativen in Baden-Württemberg (LAGG) vom 9. bis zum 10. Februar 2013 in Bad Urach: Austausch der ehrenamtlichen Gedenkstättenmitarbeiterinnen und Gedenkstättenmitarbeiter.
In einem Fachvortrag  stellt Barbara Thimmdas Projekt zur Gedenkstättenpädagogik vor:

Verunsichernde Orte. Weiterbildung Gedenkstättenpädagogik
Von Barbara Thimm, (Koordinatorin des Weiterbildungsangebots „Verunsichernde Orte“, das am pädagogischen Zentrum des Frankfurter Fritz-Bauer-Instituts angesiedelt ist)

KZ-Gedenkstätten und andere Erinnerungsorte sind inzwischen – wenn auch längst nicht immer finanziell abgesichert -  etablierte Lernorte.

Unumstritten ist, dass das Wissen um die Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus weitergegeben werden soll. Doch welche Erwartungen haben darüber hinaus die MitarbeiterInnen, die begleitenden Lehrkräfte und die (häufig jugendlichen) BesucherInnen an den Besuch?
Wie wird das pädagogische Vorgehen erlebt?
Ist es dialogisch und demokratisch angelegt?
Wie wird mit starken Gefühlen oder auch möglichem Desinteresse umgegangen? 

Da diese Fragen eher selten – und noch seltener gemeinsam – reflektiert werden, kommt es immer wieder zu irritierenden und unbefriedigenden Situationen im pädagogischen Alltag.

Da an Gedenkstätten viele MitarbeiterInnen eher aus dem historischen Feld kommen, wird den pädagogischen Fragen der Vermittlungstätigkeit häufig wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Begleitende Unterstützung wie Supervision oder Kollegiale Beratung sind kaum etabliert und die KollegInnen bleiben oft allein mit schwierigen Situationen.

Das Weiterbildungsangebot „Verunsichernde Orte“ wurde von Pädagogischen Fachkräften verschiedener KZ- und Euthanasie-Gedenkstätten entwickelt. Es ist praxisnah angelegt und bietet Menschen, die an Gedenkstätten vermittelnd tätig sind, die Möglichkeit mithilfe von angeleiteten Übungen ihre Erfahrungen und ihre Haltung zu reflektieren.

Der Schwerpunkt liegt dabei beim eigenen Selbstverständnis, dem Umgang mit Teilnehmenden und dem Umgang mit dem Ort bzw. den Ausstellungsmedien.

Dabei haben sich die EntwicklerInnen die Aufgabe gestellt, den pädagogischen Alltag an Gedenkstätten an den Maximen des „Beutelsbacher Konsens“ und einer veränderten Gesellschaft zu messen:

(Der „Beutelsbacher Konsens“ beendete 1976 eine Kontroverse unter Schuldidaktikern zur politischen Bildung und betonte, dass jede Form der Indoktrination abzulehnen ist und insbesondere die drei (nun folgenden) Maximen zu beachten seien.)

  • Was bedeutet das Überwältigungsverbot an Orten, an denen die Fakten, die geschildert werden müssen, an sich schon dazu geeignet sind, Menschen zu überwältigen?

  • Was bedeutet das Kontroversitätsgebot an Orten an denen die Wertung doch offenbar so eindeutig scheint? Was bedeutet die Orientierung am Schülerinteresse, wenn Freiwilligkeit im Schulkontext nur selten praktiziert wird und der Vermittlungsauftrag realisiert werden soll? Und nicht zuletzt: Welche Rolle spielen die vielfältigen Herkünfte, die aktuelle Lebensrealität der BesucherInnen und der zeitliche Abstand für den Zugang zum Thema?

  • Auf diese Fragen gibt es keine einfachen Antworten. Dennoch ist es hilfreich, die Dilemmata, mit denen umgegangen werden muss, zu formulieren und sich gemeinsam Lösungen anzunähern.

Inzwischen hat sich gezeigt, dass ein großer Teil der Fragestellungen auch auf andere Orte der historisch-politischen Bildung übertragbar ist.

Anfragen kommen inzwischen auch bundesweit aus dem Bereich der DDR-Gedenkstätten, der Museen und Dokumentationszentren. Offenbar wächst das Bedürfnis an Orten, deren Erzählungen verunsichern, sich über die pädagogischen Fragen zu verständigen.

Das Weiterbildungsangebot „Verunsichernde Orte“ bietet dafür einen Rahmen. Weitere Informationen unter www.verunsichernde-orte.de oder im

Begleitbuch:
Thimm/Kößler/Ulrich (Hrsg.):
Verunsichernde Orte.
Selbstverständnis und Weiterbildung in der Gedenkstättenpädagogik
Verlag Brandes & Apsel, Frankfurt a. M., 2010

 

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