„Als das ,Boot' zur Galeere wurde…“

Buch von Sybille Eberhardt über die Berichte jüdischer Mädchen und Frauen von Deportation und Zwangsarbeit

Einblicke in das Natzweiler-Außenlager in Geislingen an der Steige

Die Historikerin Sybille Eberhardt wertete für ihr neues Buch die Berichte jüdischer Mädchen und Frauen von Deportation und Zwangsarbeit aus

Die Neuerscheinung des Buches von Sybille Eberhardt trägt in Anspielung auf die polnische Bedeutung des Namens der Stadt Lodz (= Boot) den Titel „Als das ,Boot' zur Galeere wurde…“ Den Weg vom heimatlichen Boot zur Zwangsarbeit in Süddeutschland umreißt der Untertitel „Wie jüdische Frauen und Mädchen aus Lodz und Umgebung Ghettoisierung, Lagerhaft in Auschwitz-Birkenau, Bergen-Belsen, Zwangsarbeit in Geislingen/St. und Deportation nach Allach überlebten“.

Grundlage der ca. 500 DIN-A5-Seiten umfassenden Arbeit sind 18 Video-Interviews mit Zeitzeuginnen aus dem Raum USA und Kanada, die von der südkalifornischen Universität (USC) zwischen 1995 und 1998 aufgenommen wurden und von der historischen Forschung noch nicht ausgewertet worden sind. Die Zeitzeuginnen (zu zwei Familien konnte ein persönlicher Kontakt hergestellt werden) geben einen interessanten Einblick in die Vielfalt jüdischen Lebens in der multiethnischen Stadt Lodz und ihrer Umgebung während der Zwischenkriegszeit sowie in die einschneidenden Veränderungen infolge der deutschen Besatzung Ende 1939. Bereits im Ghetto Lodz zur Zwangsarbeit für die deutsche Wehrmacht eingesetzt, werden sie in Auschwitz-Birkenau und Bergen-Belsen wiederum als Arbeitskräfte selektiert. 16 dieser Frauen werden in einer Gruppe von 120 polnischen Jüdinnen im November 1944 nach Geislingen an der Steige. deportiert und in der WMF in der Rüstungsproduktion beschäftigt. Zwei weitere polnische Jüdinnen aus Lodz wurden in Bergen-Belsen einer Gruppe zugeteilt, die in einer Krupp-Filiale in Geisenheim/Rhein arbeiten musste, bei Kriegsende auf einen Todesmarsch geschickt und für kurze Zeit ebenfalls nach Geislingen kam, bis auch dieses Lager aufgelöst und nach Allach evakuiert wurde.

Die Zeitzeugenberichte wurden mit Archivmaterial aus Ludwigsburg, Hohenheim, Bad Arolsen, Yad Vashem, Lodz, Berlin abgeglichen und ergänzt. Dadurch konnte erstmals auch die Struktur des Natzweiler KZ-Außenlagers Geislingen aufgezeigt und der Hintergrund der Täter/innen samt ihrem Werdegang ausgeleuchtet werden.

In einem Exkurs wird die Entwicklung der WMF als einer Firma mit ursprünglich starkem jüdischem Kundenstamm zum arischen NS-Musterbetrieb beschrieben.
Die Abschiebung der Zeitzeuginnen beim Herannahen der Front, ihre Befreiung und die Schwierigkeiten des Neubeginns bilden den Abschluss des im Kinzel Verlag Göppingen erschienenen Buches (ISBN 978-3-95544-100-5).

Informationen und Bestellung über den Kinzel Verlag

Zur Autorin:

Sybille Eberhardt, 1945 in Geislingen geboren, beschäftigte sich bereits während ihrer Berufstätigkeit als Reallehrerin für Deutsch, Geschichte und Musik nebenbei mit lokalgeschichtlichen Themen. Ihre Untersuchungen flossen in mehrere Beiträge ein, die vom Göppinger Geschichts- und Altertumsverein publiziert wurden. Nach ihrer Pensionierung verlagerte sich ihr Forschungsschwerpunkt auf die deutsch-polnischen Beziehungen.

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