Baustein

Die Nacht als die Synagogen brannten


Texte und Materialien zum 9. November 1938

als Bausteine ausgearbeitet

Hrsg: LpB, 1998

 
Inhalt

 
Inhaltsverzeichnis

 

 

Antijüdische Gesetze und Verordnungen


nach: Joseph Walk (Hg.): Das Sonderrecht für die Juden im NS-Staat. Eine Sammlung der gesetzlichen Maßnahmen und Richtlinien - Inhalt und Bedeutung, Heidelberg, Karlsruhe 1981

I. Phase

31. Januar 1933 - 15. September 1935
Von der Machtübernahme bis zu den "Nürnberger Gesetzen"

 

28.2.33 Verordnung des Reichspräsidenten "zum Schutz von Volk und Staat".

24.3.33 Gesetz "zur Behebung der Not von Volk und Reich" ("Ermächtigungsgesetz"): "Art. 2: Von der Regierung beschlossene Gesetze können von der Reichsverfassung abweichen."

7.4.33 Gesetz "zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums": "§ 3: (1) Beamte, die nicht arischer Abstammung sind, sind in den Ruhestand zu versetzen."

22.4.33 Berufsverbot für jüdische Kassenärzte.

15.9.35 "Reichsbürger sind nur Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Bluts. Der Reichsbürger ist der alleinige Träger der politischen Rechte."

15.9.35 Gesetz "zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre":

"§ 1: Eheschließungen zwischen Juden und Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes sind verboten. Trotzdem geschlossene Ehen sind nichtig [...]"

"§ 2: Außerehelicher Verkehr zwischen Juden und Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes ist verboten."

§ 3: Juden dürfen weibliche Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes unter 45 Jahren in ihrem Haushalt nicht beschäftigen."

 

II. Phase

15. September 1935 - 9. November 1938
Von den "Nürnberger Gesetzen" bis zum November-Pogrom
 

30.9.35 Sämtliche Juden im Sinne des Reichsbürgergesetzes, die noch Richter und Staatsanwälte sind, werden sofort bis auf weiteres beurlaubt.

12.12.35 Verbot von "Einzelaktionen gegen Juden". Antijüdische Maßnahmen nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Regierung oder unter der Leitung der Partei erlaubt.

26.6.36 Gesetz "zur Änderung des Wehrgesetzes": Ein Jude kann nicht aktiven Wehrdienst leisten. Jüdische Mischlinge können nicht Vorgesetzte in der Wehrmacht werden.

4.10.36 Der Übertritt von Juden zum Christentum hat keine Bedeutung für die Rassenfrage.

28.3.38 Gesetz "über die Rechtsverhältnisse der jüdischen Kultusvereinigungen": Den jüdischen Kultusvereinigungen und ihren Verbänden wird ab 1.4.38 die Stellung von Körperschaften des öffentlichen Rechts entzogen.

22.6.38 In Krankenanstalten werden Juden von anderen getrennt untergebracht, da "der Gefahr einer Rasseschändung wirksam entgegengetreten" werden muß.

17.8.38 "Juden sind verpflichtet, die zusätzlichen Vornamen ‚Israel‘ oder ‚Sara‘ vom 1.1.39 ab zu führen."

5.10.38 Die Reisepässe deutscher Juden werden ungültig. Auslandspässe erhielten ihre Gültigkeit zurück, nachdem sie mit einem "J" versehen worden waren.

 

III. Phase

10. November 1938 - 1. September 1939
Vom November-Pogrom bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und den ersten Deportationen

 

11.11.38 "Juden ist der Erwerb, der Besitz und das Führen von Schußwaffen und Munition sowie von Hieb- und Stoßwaffen verboten."

12.11.38 Verordnung über "Sühneleistung" der deutschen Juden in Höhe von einer Milliarde Reichsmark. I. Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben: "Juden ist vom 1.1.39 ab der Betrieb von Einzelhandels-, Versandgeschäften oder Bestellkontoren sowie der selbständige Betrieb eines Handwerks untersagt." Verordnung zur Wiederherstellung des Straßenbildes bei jüdischen Gewerbebetrieben.

15.11.38 "Juden ist der Besuch deutscher Schulen nicht gestattet. Sie dürfen nur jüdische Schulen besuchen."

19.11.38 "Juden sind im Falle der Hilfsbedürftigkeit auf die Hilfe der jüdischen freien Wohlfahrtspflege zu verweisen."

3.12.38 Die Führerscheine und Kraftwagenzulassungsbescheinigungen der Juden werden für ungültig erklärt und ihre Ablieferung angeordnet.

5.12.38 "Vorbeugende Maßnahmen gegen Umgehung der Devisenbestimmungen: Zur wirksamen Verhinderung der jüdischen Kapitalflucht ist eine planmäßige Sicherung des jüdischen Vermögens anzustreben."

28.1.39 "Juden ist es verboten, auf Märkten zu verkaufen."

15.3.39 "Ungesetzliche Auswanderung von Juden ist unverzüglich zu verhindern. Die Flüchtigen und ihre Helfer sind festzunehmen und in Konzentrationslager einzuliefern."

30.4.39 Gesetz "über Mietverhältnisse mit Juden": Juden genießen gegenüber einem nichtjüdischen Vermieter keinen gesetzlichen Mieterschutz. Vorbereitung zur Zusammenlegung jüdischer Familien in "Judenhäusern".

4.7.39 X. Verordnung zum Reichsbürgergesetz: "Die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland wird errichtet (rechtsfähiger Verein). Ihr Hauptzweck: Förderung der jüdischen Auswanderung. Die Reichsvereinigung erhält auch das jüdische Schulwesen und die freie jüdische Wohlfahrtspflege aus ihren Mitteln.

 

IV. Phase

1. September 1939 - 16. Februar 1945
Vom Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bis zur Vernichtung der deutschen und europäischen Juden


25.9.39
Es ist Juden verboten, ihre Wohnungen nach 8 Uhr abends zu verlassen.

Oktober 1939 "Alle Juden, die irgendeiner Anweisung nicht sofort nachkommen oder ein staatsabträgliches Verhalten zeigen, sind sofort zu verhaften und in ein Konzentrationslager zu schaffen."

23.7.40 "Die Arisierung jüdischer Gewerbebetriebe ist bis zum Jahresende abzuschließen."

4.3.41 Arbeitseinsatz von Juden: "Um Berührungen mit der Bevölkerung auf ein Mindestmaß zu beschränken, sind die jüdischen Arbeitskräfte in Lagern unterzubringen."

1.9.41 Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden: "Ab 15.9.41 ist es Juden, die das sechste Lebensjahr vollendet haben, verboten, sich in der Öffentlichkeit ohne einen Judenstern zu zeigen. Juden ist es verboten, ohne schriftliche, polizeiliche Erlaubnis ihre Wohngemeinde zu verlassen und Orden, Ehrenzeichen oder sonstige Abzeichen zu tragen."

23.10.41 "Geheim! Die Auswanderung von Juden aus Deutschland ist ausnahmslos für die Dauer des Krieges verboten."

24.10.41 "Deutschblütige Personen, die in der Öffentlichkeit freundschaftliche Beziehungen zu Juden zeigen, sind aus erzieherischen Gründen vorübergehend in Schutzhaft zu nehmen."

4.11.41 "Juden, die nicht in volkswirtschaftlich wichtigen Betrieben beschäftigt sind, werden in den nächsten Monaten in die Ostgebiete abgeschoben. Das Vermögen der abzuschiebenden Juden wird zugunsten des Deutschen Reichs eingezogen."

13.11.41 "Sämtliche in jüdischem Privatbesitz befindliche Schreibmaschinen, Rechenmaschinen, Vervielfältigungsapparate, Fahrräder, Photoapparate und Ferngläser sind zu erfassen und abzuliefern."

17.2.42 Juden sind von der Belieferung von Zeitungen, Zeitschriften, Gesetz- und Verordnungsblättern durch die Post, durch Verlage oder Straßenhändler ausgeschlossen.

13.3.42 Juden werden angewiesen, ihre Wohnungen mit einem schwarzen Judenstern an der Eingangstür zu kennzeichnen.

10.7.42 "Geld- und Geschenksendungen jeder Art und jeder Form an Deportierte sind verboten."

18.9.42 Die Versorgung von Juden mit Fleisch, Fleischprodukten, Eiern, Milch und anderen zugeteilten Lebensmitteln wird eingestellt. Lebensmittelrationen für jüdische Kinder werden gekürzt.

Anfang November 1942 "Alle im Reich gelegenen Konzentrationslager sind judenfrei zu machen, und sämtliche Juden sind nach Auschwitz und Lublin zu deportieren."

16.2.45 "Wenn der Abtransport von Akten, deren Gegenstand antijüdische Tätigkeiten sind, nicht möglich ist, sind sie zu vernichten, damit sie nicht dem Feind in die Hände fallen."

 


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